Inklusion und Feuerwehr - unsere Erfahrungen


 

Seit 2010 ist Olaf Müller aktives Mitglied unserer Wehr und hat auch schon mit Unterstützung seines Kameraden Herbert Scherping den Grundlehrgang zum Truppmann erfolgreich absolviert. Er wohnt und arbeitet in der Einrichtung Thorsmoerk im Ort und ist somit gerade am Tage eine wertvolle Hilfe bei Einsätzen. Olaf Müller ist 37 Jahre alt und geistig behindert, aber sehr geschickt im handwerklichen Bereich und immer gerne dabei, wenn es etwas zum helfen gibt. Durch seine Tätigkeit im örtlichen Fußballverein, dem er schon viele Jahre angehört, gelangte er auch in die Feuerwehr. Aufgrund von positiven Erfahrungen mit zwei anderen Bewohnern der gleichen Einrichtung, die teilweise über mehrere Jahre in der Feuerwehr waren (durch Umzug sind beide nicht mehr in Rondeshagen aktiv), nahm man sich der Aufgabe wieder an, einem Menschen mit Behinderung aufzunehmen. Dieser Prozess ist trotz der in den Medien immer häufiger präsenten Gedanken und Forderungen nach der Inklusion von Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft, noch nicht selbstverständlich und kein leichter Vorgang, bedarf es doch besonderer Hilfe und Unterstützung der zu begleitenden Person. Inklusion bedeutet, dass jedem Menschen das gleiche volle Recht auf eine individuelle Entwicklung und einer sozialen Teilhabe ungeachtet seiner persönlichen Unterstützungsbedürfnisse zugesichert werden muss (per Gesetz z.B. in Kindergärten, Schulen und dem sozialen Umfeld). Somit wird dem Verständnis der Inklusion entsprechend jeder Mensch als selbstverständliches und vollwertiges Mitglied der Gesellschaft anerkannt.

In Rondeshagen war neben Wehrführer Andree Eggert auch Brandschutzerzieher Frieder Teske, der als Heilpädagoge in der Einrichtung Thorsmoerk arbeitet, daher gerne bereit, diese Aufgabe mit „ihrer“ Feuerwehr zu leisten. Natürlich musste auch noch der eine oder andere Kamerad wieder etwas überzeugt werden, sich aktiv an dieser verantwortungsvollen Aufgabe zu beteiligen. Aber die Arbeit war richtig. Und sie können auch dieses mal wieder rückwirkend feststellen, das es sich gelohnt hat, einen Menschen aufzunehmen und auszubilden, für den dieses nicht selbstverständlich ist und der sich dadurch ein großes Stück weiter in die Gemeinschaft des Ortes eingelebt hat und seine Fähigkeiten ausbauen konnte. Eine Rücksprache mit dem Kreiswehrführer KBM Michael Raddatz zur Aufnahme wurde dabei ebenfalls durchgeführt und ist in vergleichbaren Situationen natürlich auch unbedingt empfehlenswert um rechtliche Fragen in solchen Fällen zu klären. Besonders auch das Interesse und die Offenheit bei der Truppmannausbildung von den Ausbildern unter der Leitung von HBM Andreas Koop, aber auch von den anderen Anwärtern im Alter von 17 bis 54 Jahren waren besonders positiv und erfreulich. Olaf Müller ist somit zu einem geschätzten und motivierten Mitglied der Feuerwehr geworden.

Im Alltag muss es für die Feuerwehrtätigkeiten von Menschen mit Behinderungen besondere Absprachen und Begleitungen geben, damit sie nicht überfordert werden, oder sich einer Gefahrensituation aussetzten, die sie so nicht selbständig einschätzen und klären können. Aber leichtere Tätigkeiten können durchaus auch von diesen Kameraden durchgeführt werden, besonders dadurch, dass bei der Feuerwehr sowieso niemals einer etwas alleine machen sollte. Natürlich gibt es auch Grenzen, die Eingehalten werden müssen, wenn es um die aufzunehmende Person geht. Wer eine schwerere Behinderung aufweist, für den kann eine aktive Mitgliedschaft in der Feuerwehr natürlich aus therapeutischen, medizinischen und rechtlichen Gründen nicht ermöglicht werden. Aber eine Aufnahme kann, wie es die Feuerwehr Rondeshagen nun schon zum dritten Mal gezeigt hat, durchaus möglich gemacht werden, wenn die Person als geeignet betrachtet wird und sich auch als solche erweist. Für eine gelungene Inklusion in eine Feuerwehr müssen sich aber zu erst die örtlichen Feuerwehrkameraden auch bereit erklären, diesen Weg mit zu unterstützen und den anvertrauten Menschen dann auch mit den nötigen Hilfestellungen zu begleiten Hier hat es sich in Rondeshagen bewährt eine Patenschaft für Olaf Müller anzustreben. Wenn das gut gelingt, ist dieses ein besonders positives Beispiel, bei dem auf beiden Seiten Ängste und Vorurteile abgebaut werden können. Erfahrungen dieser Art sind bestimmt nicht nur in Rondeshagen schon gemacht worden, aber man hört, mit Ausnahme bei den Jugendfeuerwehren, bis jetzt nur sehr wenig über die praktizierte Inklusion in den Feuerwehren. Dabei müssen sich gerade die Feuerwehren in der Gesellschaft doch nicht mit ihrem sozialen Engagement verstecken.

Wenn man heute Olaf Müller fragt, wie es ihm gefällt, kann er ganz begeistert von seiner Truppmannausbildung, den Übungen und Einsätzen erzählen, bei denen er vieles erlernen durfte, neue Menschen kennen gelernt hat und anderen helfen konnte. Dann vergisst man auch fast, welchen Hintergrund er dabei mitbringt. 

 

 

F. Teske, 2012


Bericht im Feuerwehr-Magazin




Quelle: Feuerwehr-Magazin Ausgabe Januar 2014


Bericht bei retter.tv


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Quelle: Feuerwehr-Magazin Ausgabe April 2015